Landesmusikgymnasium Rheinland-Pfalz

Ferdinand

Interview mit Jonah Ferdinand (MSS 11) – Förderpreisträger „Jugend komponiert“

(Kohmann, 23.02.2023) Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Förderpreis bei „Jugend komponiert“! Wenn ich es richtig sehe, bist Du in ganz Rheinland-Pfalz der einzige Jugendliche, der diese Auszeichnung erhalten hat. Nun ist das Komponieren selbst an unserer Schule ein ungewöhnliches Hobby. Wie kam es, dass Du ein Interesse daran entwickelt hast, Dich selbst als Komponist zu versuchen?

 

Diese Frage ist für mich tatsächlich gar nicht so leicht zu beantworten, da es keinen konkreten Auslöser gab, der mich zum Komponieren geführt oder animiert hat.

Ich kann mich nur daran erinnern, wie ich in der 8. Klasse plötzlich damit angefangen habe.

Eine innere Stimme? Intuition?

Möglich…

Ich muss aber schon sagen, dass mich die Schule natürlich musikalisch gesehen sehr gefördert hat – sonst würde ich jetzt nicht dort stehen, wo ich stehe.

Dafür bin ich sehr dankbar!

Wir haben nämlich damals zu jener Zeit im Musikunterricht ab und zu mit der Notationssoftware „MuseScore“ gearbeitet, was vermutlich meine erste Berührung mit dem Thema Komposition war.

Neugierig, wie ich bin, habe ich folglich immer mehr auch zu Hause mit dem Programm experimentiert und meine ersten, kleinen Ideen entworfen.

Mittlerweile finde ich aber auch große Freude am Komponieren von umfangreicheren, orchestralen Stücken.

 

Gibt es Werke, Ereignisse oder Komponisten, die Dich auf Deinem bisherigen Weg inspiriert haben? Wenn ja, wodurch?

 

Ja, einige…

Auch wenn Beethoven oder Mozart großartige Komponisten sind, deren Schaffenswerk ich sehr bewundere, zählen zu meinen bedeutendsten Inspirationen eher Komponisten‘ und Stücke aus der Moderne, also dem 20. Jahrhundert – beispielsweise Igor Strawinsky, Dmitri Schostakowitsch oder Einojuhani Rautavaara zu nennen.

Das Stück, was mich jedoch wahrscheinlich am meisten beeinflusst und begeistert hat (und es selbstverständlich immer noch tut) stammt allerdings von einem Rock-Musiker aus den 1970er-Jahren.

Und zwar ist die Rede von dem ehemaligen Mitglied der Progressive Rock-Gruppe „Emerson, Lake & Palmer“, dem Pianisten Keith Emerson.

Der bereits verstorbene Musiker hat nämlich im Jahre 1977 ein Klavierkonzert geschrieben, welches meiner Meinung die höchstmögliche Vielfalt musikalischer Gestaltung aufzeigt und mich einfach nur sprachlos gemacht hat. Seit dem versuche ich gelegentlich auch in meinen Stücken mehrere Stile miteinander zu verknüpfen.

 

Erzähle uns doch mal was über das Stück, dass Du für den Wettbewerb komponiert hast.

 

Mein Stück heißt „Auf der Suche“ und ist für Solo-Akkordeon, Klarinette, Fagott, Horn und Cello komponiert.

Nach was das Stück auf der Suche ist, bleibt jedoch offen und lässt dem Hörer viel Interpretationsspielraum.

Es kann also die Suche nach dem Lebenssinn oder dem inneren Selbst sein, aber theoretisch auch ganz einfach die Suche nach dem Autoschlüssel…

Zu Beginn meines Stückes habe ich überwiegend mit sich bewegenden, umherschwirrenden und sich neu verformenden Klangflächen gearbeitet. Nur vereinzelt werden durch dynamische Kontraste Spannungen und Unruhen spürbar. Irgendetwas stimmt nicht; ist nicht so, wie es eigentlich sein sollte.

Das Verlangen nach Klarheit und Eintracht steigt immer mehr an, bis das Stück schließlich unter der schweren Last einstürzt.

Zum Schluss wird der Anfang variiert wieder aufgegriffen – nun scheint jedoch alles ganz idyllisch und malerisch, der Tumult ist verflogen.

War alles nur ein Traum? Oder wurde das Gesuchte tatsächlich gefunden?

Keine Ahnung…

 

Dein Preis besteht ja unter anderem in der Einladung zu einer Kompositionswerkstatt der Jeunesses Musicales auf Schloss Weikersheim. Der Kurs wird von renommierten Kompositionsprofessorinnen und Professoren geleitet. Welche Hoffnungen und Erwartungen hast Du dahingehend?

 

Um ehrlich zu sein: Wirkliche Erwartungen habe ich nicht.

Ich freue mich vor allem einfach darauf, mich mit Komponisten meines Alters sowie den Musikern, die mein Stück aufführen werden, auszutauschen.

Dies sehe ich als einmalige Erfahrung, als einmaliges Privileg, das ich wahrscheinlich nicht so bald erneut erhalten werde und es deshalb in vollem Maße genießen möchte.

 

Hast Du das Gefühl, dass Dich das Komponieren auch als Spieler, also bei der Beherrschung Deines eigenen Instruments weiterbringt?

 

Und wie!

Um ein Beispiel zu nennen: Ich bin Mitglied im „JugendEnsembleNeueMusik Rheinland-Pfalz/Saar“.

Dort spielen wir ausschließlich Kompositionen der zeitgenössischen Musik, darunter auch viele Uraufführungen.

Durch das Komponieren habe ich gelernt, den Sinn bzw. die Aussage einer Komposition besser nachzuvollziehen und in einen musikalischen Kontext einzuordnen.

Daher fällt es mir an manchen Stellen leichter als vorher, komplexere Strukturen, wie es sie in der Neuen Musik üblicherweise en masse gibt, bewusster und ausdrucksstärker zu spielen, da ich mir ungefähr vorstellen kann, was sich auch der/die Komponist/in an jener Stelle gedacht hat.

Außerdem habe ich ein Gefühl dafür entwickelt, bewusster und vorsichtiger auf meine Mitspieler‘ zu achten.

Sprich: Ich versuche meine Einzelstimme nicht als jene zu sehen, sondern Bezug auf die anderen Stimmen zu nehmen, also auf das Gesamtziel.

 

Was wünschst Du Dir für Deine zukünftige Entwicklung?

 

Konkrete Vorstellungen habe ich noch nicht.

Ich bin ja immerhin noch in meiner Entwicklungsphase, noch „auf der Suche“; habe ein langes Leben vor mir, bei dem ich nicht weiß, wo es hinführt.

Vielleicht werde ich von heute auf morgen plötzlich doch noch Finanzberater… kleiner Scherz :)

Mir geht es aktuell im Wesentlichen um die Freude, die ich beim Komponieren habe und um die schon oben genannten Gewinne, die ich daraus ziehe und die zu meiner musikalischen Weiterentwicklung beitragen.

Ich freue mich natürlich sehr, wenn ich positive und anerkennende Rückmeldungen erhalte, aber genauso sehr motiviert mich negative Kritik, weiterzumachen mit dem, was mich glücklich macht.

Denn das ist nach meinem Empfinden die Hauptsache!