Landesmusikgymnasium Rheinland-Pfalz

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An Herausforderungen wachsen

Unterwegs an und in der Lahn – Tage der Orientierung 2017 der Klassen 10 

(MEL, 05.07.2017)  Insgesamt 32 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 waren gemeinsam mit Herrn Schamuhn, Herrn Fritzen und Frau Melchiori vom 19. bis zum 23. Juni 2017, also eine ganze Schulwoche lang, unterwegs in unserer schönen Heimatregion. Unterstützt wurden wir zusätzlich durch die beiden Klassenlehrer Herr Hebgen und Herr Ramroth, denen wir an dieser Stelle herzlich dafür danken! Per Bahn, zu Fuß und im Kanu haben wir eine Strecke von ca. 180 km von Montabaur über Weilburg, Fürfurt/Gräveneck, Runkel, Limburg, Diez, Obernhof, Nassau, Bad Ems zurück nach Montabaur zurückgelegt und uns manchen (persönlichen) Herausforderungen gestellt.

Das Abenteuer begann bereits Montagmorgen vor Schulbeginn mit dem Einladen der (trotz begrenzter Menge an Wechselklamotten) Tonnen von Gepäck in unseren Schulbus + Anhänger, denn es mussten insgesamt 14 Zelte mit sowie 36 Isomatten und Schlafsäcke, außerdem 8 Bierzeltgarnituren und Herrn Schamuhns mobile Großküche! Anschließend konnte die große Truppe sich entspannt und nur mit je einem Rucksack mit Tagesproviant bewaffnet in den Zug nach Weilburg (über Limburg) setzen, von wo aus unsere erste Kanutour starten sollte. Die erste kleine Herausforderung begegnete uns schon bei der Ankunft in Weilburg beim Finden der richtigen Anlegestelle. Nach mehreren Umwegen (die bekanntlich die Ortskenntnis erweitern) unter sengender Sonne wendete sich schließlich alles zum Guten und wir konnten mit 12 Booten lahnabwärts durchstarten. Auf dem Weg zu unserem ersten Rast- bzw. Campingplatz passierten wir einen längeren Tunnel, diverse Schleusenanlagen und zahlreiche Enten- und Schwanenfamilien – extrem süß anzuschauen! Unterwegs war Teamgeist gefordert, um die einzelnen Boote mit ihren unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Steuerfähigkeiten zusammenzuhalten und zusammen in die Schleusen zu fahren (die natürlich auch von unseren Gruppenmitgliedern bedient werden mussten). Diese Herausforderung meisterten wir tadellos und kamen sogar viel früher als erwartet in Gräveneck an; dadurch stand uns dort ein langer, sonniger, chilliger Nachmittag zur Verfügung, der mit zahlreichen Spielmöglichkeiten an und in der Lahn ausgefüllt wurde. Abends kam dann zum ersten Mal Herrn Schamuhns imposante mobile Großküche zum Einsatz, inklusive Grill und einem gigantischen Salatbüffet. Am Anfang holperten die Abläufe bei den Mahlzeiten ein wenig, aber im Laufe der Woche spielte sich eine ganz wunderbare und selbstverständliche Routine ein, indem sich immer spontane Teams zum Schnippeln, Herrichten, Aufräumen und Spülen zusammenfanden. Gleiches galt jeden Morgen bei der Frühstücksvorbereitung, dem Verstauen der Tonnen von Gepäck und dem säuberlichen Verlassen des jeweiligen Campingplatzes.

Der Dienstag bestand mehr oder weniger nur aus Kanufahren, denn wir hatten nun eine dreimal so lange Strecke vor uns – ca. 18 km bis zu unserem zweiten Campingplatz in Runkel. Dafür ließen wir uns jedoch Zeit, wechselten öfters mal die Bootsbesetzung und hüpften immer wieder in die Lahn, um uns abzukühlen. Ein Riesengaudi – und für manchen sicherlich auch eine Herausforderung / eine physische Grenzerfahrung, denn man musste ja durchhalten … Dennoch gingen alle wohlbehalten am späten Nachmittag in Runkel an Land und nach dem Säubern und Abgeben der Boote erst mal schnurstracks in die Eisdiele! Abends am Lagerfeuer gab es dann noch etwas Besonderes zu feiern: die Geburt von Herrn Schamuhns fünften Enkelkind!

Am dritten Tag wurden die Paddel gegen Wanderschuhe ausgetauscht und alle 5-10 Minuten verließ eine Zweiergruppe den Zeltplatz mit den Aufträgen, 1. in Limburg anzukommen, 2. sich miteinander auszutauschen und 3. gerne auch Kontakt zu neuen Menschen zu knüpfen, um später der Gruppe berichten zu können, welche interessanten Begegnungen sich auf dem Weg ereignet hatten. Schön war, dass sich ganz von allein Konstellationen zusammenfanden, die sich im Schulalltag so nie ergeben würden – auch und vor allem über Klassengrenzen hinweg. Dadurch erfuhren alle sehr viel Neues und Interessantes voneinander, es gab Zeit und Raum für intensive persönliche Gespräche und gleichzeitig wuchs das Gefühl von Ähnlichkeit und Verbundenheit. Nach einem kurzen gemeinsamen Besuch im Limburger Dom um 15 Uhr ging es noch einmal ca. 7 km weiter durch die Hitze, um zu unserem nächsten Campingplatz Oranienstein in Diez zu gelangen. Danach folgte das übliche Programm: Zelte aufbauen, duschen, Abendessen vorbereiten etc. Trotz des anstrengenden Tages war die Stimmung prächtig – Herr Schamuhn hatte u.a. eine exzellente Gemüsereispfanne vorbereitet und anschließend wurde noch viel gesungen und Badminton gespielt. Erst am späten Abend fanden wir als Gruppe Zeit, um uns noch mal zusammenzusetzen und über die jeweiligen Erlebnisse des langen Tages auszutauschen, was für alle eine Bereicherung war.

Nach einer erholsamen Nacht stellten wir uns am Donnerstag schon recht früh der nächsten Herausforderung: der Diezer Kletterwald. Dort konnten wir 3 Stunden lang unsere persönlichen Grenzen austesten. An welchen Stellen verlässt uns der Mut, oder wie kommen wir noch höher und weiter mit Hilfe anderer? Kann man sich der aufkommenden Höhenangst stellen oder ist es vielleicht auch ein Zeichen von Größe, dem ‚Gruppendruck’ mal nicht nachzugeben und sein eigenes Maß zu finden? Damit nicht genug: Im weiteren Verlauf des Tages warteten unerwartete (und weitaus größere) Herausforderungen auf uns und forderten die Gruppenmoral ein wenig heraus. Zunächst mussten wir vom Kletterwald durch die Mittagshitze durch die ganze Stadt Diez marschieren, um den Zug nach Obernhof pünktlich zu erreichen – und zwar ohne kollektiv an den zahlreichen Dönerbuden und Eisdielen Halt zu machen … Nach der Ankunft in Obernhof sah der ursprüngliche Plan vor, dass wir direkt zum Kloster Arnstein und über den Lahnhöhenweg nach Nassau wandern würden, z.T. sogar gänzlich ohne Begleitung, um mal eine Weile nur mit sich allein zu sein. Doch angesichts des hohen Tempos des bisherigen Tages und der extrem schwülen Luft war schnell klar, dass dies den Großteil der Gruppe überfordern würde. Also schien uns die Obernhofer Eisdiele zunächst der beste Ort, um die Lebensgeister wieder ein wenig zu wecken. Insofern war es diesmal eher eine Herausforderung für die Lehrer, ihren mühsam am Schreibtisch ausgeheckten Plan ersatzlos zu streichen … Und als kurz nach der Ankunft auf unserem letzten Campingplatz Schloss Langenau/Obernhof das große Gewitter losbrach, war auch das eine Herausforderung (für die Zelte und für uns); eine weitere Steigerung kam eine Stunde später, als es in unser Abendessen regnete … Dennoch konnten wir den letzten Abend noch sehr lange am Lagerfeuer genießen; die Stimmung war friedlich und gelöst, als wir unsere Erlebnisse und Herausforderungen reflektierten und ausklingen ließen. Besonders schön bleibt mir persönlich in Erinnerung, dass wir, obwohl wir so eine große Gruppe waren, im Lauf der Woche in der freien Natur doch sehr zusammengewachsen sind und sogar das klassische Lehrer-Schüler-Gefüge sich nicht mehr als solches anfühlte.

Ich denke, dass die Tage der Orientierung bei jedem Einzelnen von uns enorm nachwirken werden – auch über die Sommerferien hinaus. Dazu zählt u.a. das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, auch mit unbequemen Situationen fertig zu werden, die Komfortzone verlassen zu können und daran zu wachsen. Aber mindestens genauso wiegt das Vertrauen, trotz aller individuellen Charakterzüge von der Gruppe akzeptiert und getragen zu werden und ebenso ein stabiler Anker für andere zu sein. Dies beinhaltet auch die Fähigkeit, mal Nein sagen zu können und somit Erwartungen anderer nicht gänzlich zu entsprechen, ohne gleich negative Konsequenzen befürchten zu müssen. – Meines Erachtens ein ideales Übungsfeld und bleibende Erinnerung, mutig und in Verbundenheit seinen eigenen (Lebens-)Weg zu gehen!